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Digitales Expertenforum: "Wohnungswirtschaft: Warum (nicht) EPS?"

Das Forum für sicheres Dämmen mit EPS (FSDE) lud im Rahmen eines digitalen Expertenforums zur Diskussion über die aktuelle Situation der Wohnungswirtschaft in Deutschland. Dabei waren sich die Teilnehmer einig: Um die Klimaschutzvorgaben annähernd zu erreichen, kommt der Dämmung mit EPS im Rahmen einer energetischen Sanierung eine Schlüsselrolle zu.


Berlin, 11. November 2020 – Der unternehmerische Wohnungsbau boomt weiterhin, die Kosten für eine Sanierung und Modernisierung kann aber die Wohnungswirtschaft nicht alleine tragen und stemmen. In Deutschland gibt es laut statistischem Bundesamt 42,5 Millionen Wohnungen und knapp 20 Millionen Wohnhäuser. Davon ist über ein Drittel sanierungsbedürftig.


Dämmung sollte immer vorgelagert sein

Die Wohnungswirtschaft unterhält laut GdW, dem Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V., rund 30 Prozent der Mietwohnungen in Deutschland. Beim Erfüllen der Klimaziele will die Wohnungswirtschaft ihren Beitrag leisten. "Die unternehmerische Wohnungswirtschaft ist bei der energetischen Modernisierung deutlich weiter als es bei privaten Selbstnutzern und Kleinmietern der Fall ist", stellt Ingeborg Esser (GdW) fest. Die CO2-Einsparung ist generell hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Das hat vielschichtige Gründe. Für Ingeborg Esser liegt dies auch am falschen Heiz- und Lüftungsverhalten der Mieter. Handlungsbedarf bestehe vor allem bei privaten Hausbesitzern und bei der dort noch immer zu geringen Quote an Sanierungen.


Während die unternehmerische Wohnungswirtschaft vor einer energetischen Sanierung fachkundigen Rat bei Energieberatern einholt, vertrauen gerade private Hausbesitzer ihren Handwerkern blind und nutzen zu wenig die Expertise der Fachleute. "Der Einfamilienhausbesitzer lässt sich lieber vom Heizungsmonteur eine neue Heizung aufschwatzen, statt sich über alle Möglichkeiten zu informieren", kritisiert Frank Junker (ABG FRANKFURT HOLDING). Wichtig sei auch die richtige Reihenfolge. "Das Thema Dämmen wird zu oft aufs Abstellgleis geschoben", so Junker.


Zuerst kommt die Hülle, dann die Anlagentechnik und dann die Digitalisierung.

Frank Junker, Vorsitzender der Geschäftsführung ABG FRANKFURT HOLDING



Auch Jürgen Leppig (GIH Bundesverband e. V. Gebäudeenergieberater, Ingenieure, Handwerker) sieht den Energieberater als wichtige unabhängige Instanz. Grundsätzlich gelte für ihn: "Wer berät, darf nicht auch noch sanieren." Nur das garantiere Unabhängigkeit. Ein Manko sei jedoch, dass es für Energieberater keine klassische Ausbildung oder ein klares Berufsbild gebe. Diesen Beruf zu schützen, sei eine zentrale Aufgabe seines Verbandes. Andreas Holm (FIW Forschungsinstitut für Wärmeschutz e.V. München) stimmt diesem Ansatz zu: "Das ausführende Handwerk sollte getrennt vom Energieberater sein." Für Ingeborg Esser müsste die vorgelagerte Energieberatung gerade im Privatbereich für den Hausbesitzer nicht mit Kosten verbunden sein. Das würde die Motivation deutlich erhöhen, sich über energetische Sanierung zu informieren und nicht nur zu reagieren, wenn die Heizung kaputt sei. Dabei gelte es für Frank Junker auch, die staatliche Förderung stärker in den Vordergrund zu rücken. Daneben sollten Sanierungswillige auch bei den zu komplizierten Anträgen unterstützt werden.


Auf die richtige Reihenfolge kommt es an

In einem Punkt waren sich alle vier Konferenzteilnehmer einig: Vorgelagert sollte immer die Dämmung sein, erst dann könnten andere Maßnahmen wie Anlagentechnik und Digitalisierung ihr volles Potenzial ausschöpfen. Für Frank Junker, kann die Reihenfolge nur lauten: "Zuerst kommt die Hülle, dann die Anlagentechnik und dann die Digitalisierung." "Natürlich setzen wir bei der Bestandsmodernisierung auf Dämmung. Das ist ein Essential", stellt auch Ingeborg Esser klar. Bei der ABG stehe vor einer Sanierung immer eine integrale Planung: Welche Komponenten bringen den besten und gewünschten Erfolg? "Die Außenhülle spielt immer die entscheidende Rolle und wir entscheiden uns bei einer Dämmung immer für EPS", erklärt Frank Junker. Dieser Dämmstoff könne kostengünstig, gut und sicher verarbeitet werden. Gerade beim aktuellen Handwerkermangel in Deutschland spiele es eine wichtige Rolle, dass der Handwerker den Dämmstoff leicht und sicher verarbeiten kann. "EPS ist ein etabliertes und bewährtes Produkt", bringt es Frank Junker auf den Punkt. "Der niedrigere Preis und die einfache Verarbeitung schlagen sich dann auch in einer geringeren Mietsteigerung nieder."


Frank Junker, Vorsitzender der Geschäftsführung ABG FRANKFURT HOLDING

Ingeborg Esser, Hauptgeschäftsführerin GdW - Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V.

Bei einer Sanierung stellt sich immer die Kostenfrage

Natürlich spielen auch beim GdW und seinen Mitgliedsunternehmen Kosten eine wichtige Rolle. "Wir stehen für das bezahlbare Wohnen in Deutschland und nicht für das Luxussegment", sagt Ingeborg Esser. Eine EPS-Dämmung sei für die GdW nach wie vor ein wichtiges Thema. Generell ist die Wahl des Dämmstoffs jedoch eine individuelle Entscheidung. Viele GdW-Mitglieder seien noch immer verunsichert, was die Thematiken Brandsicherheit, Zusatzstoffe und Entsorgung von EPS betreffe. Deshalb habe die GdW mit der Interessengemeinschaft Dämmstoffe vereinbart, dass "eine systematische Aufarbeitung der Fehlinformationen zu diesem Dämmstoff vorgenommen wird und wir Aufklärung leisten". Gerade weil die drängenden Fragen längst beantwortet sind.


Noch immer unberechtigte Vorurteile gegen EPS

Laut Frank Junker gibt es aber noch immer eine Lobby gegen den Dämmstoff EPS. Zu dieser Lobby zählten ausgerechnet eine Reihe von Architekten. Junker vermisst bei ihnen oft die gebührende Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit. "Ich entgegne dann gerne: Liebe Architekten, verzichtet auf einen Teil eures Honorars, und wir können alles umsetzen." Schlimmer seien aber die Vorurteile. Frank Junker verweist dazu auf eine Architektenveranstaltung in Frankfurt vor zwei Jahren, mit dem Motto: "Bauen. Dämmen. Brennen." "Das zeigt, was in den Köpfen vorgeht. EPS ist ein amtlich zugelassener Baustoff. Wo liegt das Problem, wenn ich ihn fachgerecht verarbeite und ab einer gewissen Höhe Brandriegel einbaue?", so Junker weiter. Dazu betont er die Langlebigkeit des Materials. "Wir haben in den 80er Jahren mit EPS-Fassadendämmungen angefangen. Das hält und dämmt immer noch und fällt nicht wie Laub von der Fassade. Und wir sitzen keinesfalls auf Bergen von Sondermüll." Bei der Entsorgung gebe es inzwischen Fachunternehmen, die EPS recyceln und wieder dem Stoffkreislauf zuführen.


Auch Jürgen Leppig hat seit den 80er Jahren Erfahrung mit dem Dämmstoff EPS: "Das Material hat sich nicht verändert und ist unverändert wert- und sinnvoll." Bei seinen Beratungsgesprächen treffe er jedoch noch immer auf Vorurteile. "Entsorgung, der Specht, die Brandsicherheit oder der Ölverbrauch sind noch in den Köpfen verankert." Besonders wenn eine Fernsehsendung diese Themen unreflektiert und provokativ aufgreife, kämen viele Anrufe. "Wenn es um konkrete Angebote geht, entscheiden sich aber mindestens 80 Prozent für EPS", sieht Leppig hier am Ende nur geringe Auswirkungen dieser Vorurteile.

Jürgen Leppig, Vorsitzender GIH Bundesverband e. V. Gebäudeenergieberater, Ingenieure, Handwerker

Prof. Dr.-Ing Andreas Holm, Geschäftsführender Gesellschafter Forschungsinstitut für Wärmeschutz e.V. München (FIW München)

Graue Energie amortisiert sich nach wenigen Jahren

Für Andreas Holm besteht gerade beim Thema graue Energie noch Aufklärungsarbeit, also der Energie, die bei der Herstellung, dem Transport oder der Lagerung eines Dämmstoffs entsteht. "Die energetische Amortisationszeit liegt bei jedem Dämmstoff unter vier Jahren. Was bei einer Lebensdauer von über 40 Jahren überschaubar ist", so Holm. Unabhängig vom Dämmstoff ist es für Holm vor allem wichtig, die Hausbesitzer generell zum Dämmen zu bewegen. Welcher Dämmstoff, sei dann vom Einsatzgebiet abhängig. Und beim Thema Wand seien EPS und Steinwolle quasi alternativlos.


Wohnungsbau boomt – Mietpreisdeckelungen gefährden jedoch Sanierungen

Die Corona-Krise ist an der Wohnungswirtschaft bislang weitgehend spurlos vorbeigegangen. Im Gegenteil: Die ABG erlebt in Frankfurt unverändert einen Boom des Wohnungsbaus, auch wenn gewerbliche Immobilien und der Hotelbau derzeit in den Hintergrund rücken würden. Gerade in bestimmten Regionen und den Ballungszentren werde sich dies auch nicht ändern. Dieser Meinung ist auch Ingeborg Esser: "Der Wohnungsbau wird bundesweit auf hohem Niveau weiterlaufen und mit hoher energetischer Qualität erfolgen." Im Bereich Modernisierung würden sich jedoch regionale Limitierungen auf die Sanierungsquote auswirken. Als Beispiel nennt sie die Mietpreisdeckelung in Berlin, sodass eine Modernisierung lediglich rund einen Euro Mieterhöhung pro Quadratmeter mit sich bringen dürfe. Doch gerade die privaten Vermieter würden so abgeschreckt.


Auch für Frank Junker ein nicht akzeptabler Vorgang: "Der Gesetzgeber kann nicht fordern, dass Investitionen getätigt werden und dann die Refinanzierung verbieten. Diese Diskussion geht weit über Berlin hinaus." Wer aber soll die Investitionen in Sanierung am Ende tragen? "Wir haben gemeinsam mit dem deutschen Mieterbund errechnet, was für eine nicht zu hohe Belastung der Mieter durch eine energetische Sanierung nötig wäre. Dazu bräuchte es für den gesamten Sektor Fördermittel von ca. zehn Milliarden Euro jährlich", so Ingeborg Esser.


Der Gesetzgeber kann nicht fordern, dass Investitionen getätigt werden und dann die Refinanzierung verbieten.

Frank Junker, Vorsitzender der Geschäftsführung ABG FRANKFURT HOLDING



Klimaziele erfordern Akzeptanz von allen Beteiligten

Die Zuschüsse, finanziert aus genehmigten Mitteln der EU aus dem Green Deal, sollten nach Meinung von Frau Esser zum Teil auch in der Branche für die Refinanzierung genutzt werden. "Wir brauchen keine billigen Darlehen, sondern Zuschüsse, damit wir die Investitionskosten nicht in dem Maße an die Mieter weitergeben müssen", fordert die GdW-Hauptgeschäftsführerin. Frank Junker sieht hingegen auch die Mieter und Verbraucher in der Pflicht. Als Beispiel nennt er die CO2-Steuer, die beim Benzin gesellschaftlich akzeptiert ist. "Wieso beim Wohnen nicht?" Denn nur wenn der Mieter für seinen Mehrverbrauch und sein Fehlverhalten beim Heizen stärker herangezogen und es teurer wird, werde der Mieter auch zum Energiesparen und damit zur Reduzierung seiner CO2-Emissionen angehalten.

Die Zeit für die Realisierung der ehrgeizigen Klimaziele der Bundesregierung vergeht schnell. Frank Junker glaubt nicht, dass die angestrebten Einsparungen im Wohnungsbau zu erfüllen sind. "Das ist für die Wohnungswirtschaft mit ihrem Anteil von 30 Prozent schon eine hohe Messlatte. Im Privatsektor liegt sie noch höher. Denn 2030 ist quasi übermorgen." Für Andreas Holm funktioniert das nur als Zusammenspiel aller Instrumente und Sektoren des Orchesters. "2030 klappt es vermutlich noch nicht. Die Vorgaben bis 2050 jedoch halte ich für machbar. Aber wir müssen deutlich mehr machen als bis jetzt. Ein weiter so genügt nicht."


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27.04.2023 20:50:50

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