Dem Baubereich und insbesondere dem Gebäudebestand kommen bei der Bewältigung globaler ökologischer Herausforderungen besondere Bedeutung zu. Ziel ist, einen hohen Lebensstandard bei geringem Ressourcenverbrauch und mit möglichst wenig Emissionen zu realisieren. Dämmsysteme mit EPS sparen Heizenergie und reduzieren damit klimaschädliche CO2-Emissionen. Ihre Herstellung benötigt zwar Rohstoffe und Energie. Diese werden aber durch die erzielten Einsparungen während der langjährigen Nutzungsphase eines Gebäudes um ein Vielfaches übertroffen.
Der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit hat längst auch die Baubranche erreicht und wird deswegen auch für Baustoffe wie EPS immer wichtiger. Doch was ist Nachhaltigkeit überhaupt? Ganz grundsätzlich verstehen viele unter dem Begriff "Nachhaltigkeit" ein Handlungsprinzip, nach dem heutige Bedürfnisse nicht über die Bedürfnisse der Zukunft bzw. der künftigen Generationen gestellt werden. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl weiterer Definitionsversuche. So hat eine Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages das Drei-Säulen-Modell ins Leben gerufen, gemäß dem Nachhaltigkeit ökologische, ökonomische und soziale Aspekte gleichermaßen in sich vereint. Damit man von EPS als nachhaltigem Produkt sprechen kann, müssen also alle drei Aspekte erfüllt sein. Die ökonomischen und sozialen Vorteile von EPS sind dabei klar ersichtlich: Eine EPS-Dämmung führt zu hohen Heizkosteneinsparungen bei vergleichsweise niedrigen Investitionskosten und sorgt gleichzeitig für Behaglichkeit. Doch wie sieht es mit der ökologischen Bewertung von EPS aus?
Um ein Produkt wie EPS ökologisch bewerten zu können, ist es notwendig, alle Umweltwirkungen, die EPS während seiner Herstellung, Nutzung und Entsorgung aufweist, eingehend zu analysieren. Dieser Vorgang wird Ökobilanzierung genannt. Hierfür werden Daten zu allen Phasen des Lebenszyklus eines Produktes gesammelt und ausgewertet. Was genau zu tun ist und welche Regeln dabei zu befolgen sind, ist in den Normen ISO 14040 und ISO 14044 beschrieben. Dementsprechend sollte eine Ökobilanz diese vier Abschnitte enthalten:
Hier werden die Rahmenbedingungen definiert sowie Systemgrenzen aufgezeigt.
In diesem Abschnitt werden die Daten zu Ressourcen- und Energieverbrauch sowie Emissionen abgebildet und miteinander in Beziehung gesetzt (Input-Output-Analyse).
Danach werden die erfassten Daten den Wirkungskategorien zugeteilt.
Zum Abschluss findet eine Bewertung der ermittelten Daten und der Wirkungsabschätzung statt, aus der weitere Empfehlungen abgeleitet werden.
Eine Ökobilanz ist wiederum die Basis für sogenannte Umwelt-Produktdeklarationen (kurz: EPDs). In ihnen werden die Umweltwirkungen einzelner Baustoffe, Bauprodukte oder Baukomponenten beschrieben und (nur in der erweiterten Fassung, siehe unten) interpretiert. Hinsichtlich der Auswirkungen des Produktes auf die Umwelt wird etwa berechnet, wie stark der Baustoff an der globalen Erwärmung mitwirkt, inwiefern er die Ozonschicht abbaut und wie stark er dazu beiträgt, dass Böden und Gewässer versauern. Zudem fließt der Ressourceneinsatz in die Produktbilanz ein. Wie viel erneuerbare und auch nicht-erneuerbare Energie sowie Wassermengen sind in der Herstellung nötig? Über den gesamten Lebenszyklus hinweg finden sich in einer EPD valide Zahlen über die einzelnen Bauprodukte – also von der Herstellung über die Nutzung bis hin zur Entsorgung und sogar zum Recycling. Sie werden beim Institut Bauen und Umwelt e.V. (IBU), dem öffentlich anerkannten Programmbetreiber in Deutschland, in Auftrag gegeben. Mithilfe von EPDs kann jeder, der im Begriff ist, ein Haus zu planen, eine Ökobilanz für das gesamte Gebäude erstellen. So lässt sich anhand der EPDs herausfinden, welcher Baustoff für ein bestimmtes Gebäude die ökologisch sinnvollste Alternative darstellt.
Welchen Nutzen haben EPDs für Architekten, öffentliche und private Bauherren?
Eine EPD enthält verifizierte Informationen nach einem einheitlichen Standard. Das ermöglicht es jedem, der ein Haus bauen will, eine konsistente Ökobilanz für das gesamte Gebäude zu erstellen und so die ökologisch beste Variante zu identifizieren. Im Vergleich zu generischen, unspezifischen Informationen besitzen EPDs deutlich weniger Datenunsicherheiten, was auch von Gebäudebewertungssystemen honoriert wird.
EPDs werden also auch für Bewertungssysteme genutzt?
Ja, beispielsweise für das Bewertungssystem der DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen), das BNB (Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen) und LEED (Leadership in Energy and Environmental Design). Diese Systeme fordern zwingend eine Ökobilanzierung des Gebäudes. Werden hierbei generische Daten verwendet, werden diese mit einem nicht unerheblichen Zuschlag belegt. Mit EPDs können Zuschläge und damit schlechtere Ergebnisse vermieden werden. Hinzu kommt, dass bei einigen Gebäudebewertungssystemen wie zum Beispiel LEED bereits Punkte dafür vergeben werden, dass für eine gewisse Anzahl der verwendeten Produkte EPDs vorhanden sind. Da die Summe der erreichten Punkte entscheidet, wie das Bauwerk bei der Zertifizierung eingestuft wird, können diese Punkte ausschlaggebend sein.
Mit einem Blick auf die EPDs weiß man also gleich, welches das nachhaltigste Produkt ist?
Nein, so ist es nicht. EPDs sind grundsätzlich ungeeignet, um Produkte direkt miteinander zu vergleichen. Sie stellen lediglich Informationen zur Verfügung, um Gebäude zu bilanzieren. Das heißt, einzelne Produkte werden immer nur im Kontext des gesamten Gebäudes bewertet. Ein extremes, aber plakatives Beispiel: Wenn Sie einen beliebigen Dämmstoff mit der 0-Variante, also Nichts, vergleichen und Sie fußen diesen Vergleich lediglich auf die EPDs, dann würden Sie zu dem Schluss kommen, dass die 0-Variante die nachhaltigere ist. Das liegt daran, dass bei der Herstellung und Entsorgung von Nichts natürlich die Umwelt nicht negativ beeinflusst wird. Wenn Sie das ganze dann aber in den Kontext eines Gebäudes setzen, dann wird klar, dass die 0-Variante einen sehr viel höheren Energieverbrauch bewirkt, der möglicherweise die Aufwendungen aus der Herstellung und Entsorgung des Dämmstoffes weit übersteigt. Ob ein Baustoff ökologisch ist oder nicht, hängt deswegen immer von dem Kontext ab, in dem er eingesetzt wird.
Rund um das Thema EPS-Dämmung gibt es drei wichtige Typen von EPDs, die erste bis konkrete, regelmäßig aktualisierte Informationen zur Umweltverträglichkeit von EPS liefern. EPDs zu einem bestimmten Produkt werden in der Regel vom Hersteller in Auftrag gegeben. Sie liefern detaillierte Informationen zu einem bestimmten EPS-Dämmstoff und stehen meist auf der Seite des Herstellers zum Download zur Verfügung. Dabei unterscheidet man zwischen EPDs, die lediglich die in Norm EN 15804 vorgeschriebenen Inhalte umfassen, und erweiterten EPDs, die zusätzliche Inhalte bereitstellen. Im Fall von EPS sind das beispielsweise Informationen zu Innenraum-Emissionen. Daneben gibt es Verbands-EPDs (auch Branchen-EPDs oder Durchschnitts-EPDs genannt) für EPS-Hartschaum. Inhaber der Deklaration ist der Industrieverband Hartschaum e.V. (IVH), auf dessen Webseite www.ivh.de die EPDs einsehbar sind. In diesen werden die Hartschaum-Dämmstoffprodukte aus EPS der IVH-Mitglieder beschrieben. EPDs für EPS werden darüber hinaus auch von EUMEPS, dem Verband der europäischen EPS-Hersteller, auf europäischer Ebene beantragt, die auf eumeps.org zum Download bereitstehen.
Sowohl in den Hersteller-EPDs als auch in der Verbands- und europäischen EPD zu grauem EPS findet sich ein ähnlicher Satz in der Interpretation der Ökobilanz: "Alle Wirkungskategorien werden maßgeblich von der Bereitstellung der Rohstoffe und der Produktion beeinflusst. Das im Produktionsprozess eingesetzte Polystyrol enthält bereits einen Großteil der Umweltbelastungen." Für die Nutzungsphase werden hingegen keinerlei Umweltwirkungen festgestellt. Das bedeutet, dass vor allem während der Produktionsphase die Umwelt belastet wird. Innerhalb ihrer Lebensdauer von 50 Jahren und mehr sparen Wärmedämmverbund-Systeme (WDVS) mit EPS jedoch ein Vielfaches der Energie und der CO2-Emissionen ein, die bei der Herstellung anfallen. Laut einer Studie des FIW München weist der Dämmstoff in der Regel eine energetische Amoritsationszeit von 0,5 bis 1,5 Jahren auf. Unsere Beispielrechnung einer Dämmung eines einstöckigen, 100 m² großen Gebäudes ergibt, dass nach 40 Jahren (abzüglich der Herstellungsenergie) etwa 564.000 kWh Heizenergie – das ist das 36-fache der Herstellungsenergie – sowie rund 124,2t CO2 – das ist das 54-fache der CO2-Emissionen bei der Herstellung – eingespart werden können. Zum Vergleich: Ein Ein-Personen-Haushalt verbraucht pro Jahr etwa 2.300 kWh Strom und emittiert etwa 12t CO2. Das Beispiel zeigt eindeutig, dass als Dämmstoff eingesetztes EPS über eine positive Ökobilanz verfügt.
Inzwischen ist auch EPS erhältlich, das im Biomassenbilanzverfahren hergestellt wird. Hierfür werden bei der Herstellung nicht nur fossile Rohstoffe eingesetzt, sondern auch Bio-Naphtha oder Biogas. Während sich die Produktqualität und -eigenschaften von biomassenbilanziertem EPS nicht von denen von "normalem" EPS unterscheiden, hat diese Art der Herstellung einen positiven Effekt auf die Ökobilanz: Der CO2-Fußabdruck reduziert sich im Vergleich zu anderen EPS-Dämmstoffen.
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