Brandschutz ist ein komplexes Thema, das viele Aspekte umfasst und ganzheitlich betrachtet werden muss. Nur so lassen sich alle Risikofaktoren analysieren und bewerten.
Fassaden geraten nur sehr schwer in Brand. Es bedarf hierzu starker Hitze, die über längere Zeit auf die Fassade wirkt. Was genau passieren muss, damit sich eine mit expandiertem Polystyrol (EPS) gedämmte Fassade entzündet, ist vom jeweiligen Wärmedämmverbundsystem (WDVS) sowie von dessen Verarbeitung an der Fassade abhängig. Die hohen baulichen Sicherheitsstandards in Deutschland, insbesondere beim Brandschutz, müssen daher immer eingehalten werden. Eine nach den anerkannten Regeln der Technik verbaute Wärmedämmung mit EPS und ausreichender Brandschutz sind also gut miteinander vereinbar.
Um die Rolle der Fassade in einem Brandfall richtig einordnen zu können, muss zunächst zwischen verschiedenen Bränden unterschieden werden. Zwei Szenarien sind typisch für die Ausbreitung von Bränden:
1. Sockelbrand-Szenario: Ein Feuer bricht vor dem Haus aus und springt auf die Außenfassade über. Ursachen für einen Sockelbrand können etwa Mülltonnen, Gartenlauben, Gartenmöbel, Autos, Carports und abgestellte Gegenstände vor dem Haus sein, die Feuer fangen. Deswegen hat die Bauministerkonferenz 2016 zunächst nur für Fassaden mit EPS den Sockelbrandtest entwickelt, den auf dem Markt zugelassene Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) mit EPS bereits bestanden haben. Wichtig für effizienten Brandschutz ist vor allem, dass sich potenzielle Brandherde – unabhängig von der Beschaffenheit der Fassade – in sicherem Abstand zum Haus befinden. So reicht ein Brand nicht an die Fassade heran und ein Brandüberschlag von außen auf das Gebäude kann vermieden werden.
2. Raumbrand-Szenario (Testverfahren nach DIN 4102-20): In einem Zimmer bricht ein Feuer aus, sei es etwa durch ein Elektrogerät, das Feuer gefangen hat, oder eine brennende Kerze, die vergessen wurde. Durch die enormen Temperaturen im Innern platzen Fenster, so dass der Brand auf die Fassade überspringen kann. Für dieses häufige “Raumbrand”-Szenario gibt es ein gut etabliertes Testverfahren (nach DIN 4102-20), das simuliert, wie ein Brand aus dem Innenraum auf die Außenwand übergreift.
Die Ursachen von Bränden sind vielfältig und bedürfen einer detaillierten Analyse. Über Einzelfälle lassen sich bisweilen genaue Aussagen treffen. Eine statistische Bewertung einer Vielzahl von Bränden ist wegen fehlender Informationen jedoch oft nicht möglich. Speziell für Hochhausbrände hat das VTT Technical Research Center in Finnland herausgefunden, dass unter 3.700 Bränden zwischen 2004 und 2012 90 Prozent im Inneren des Gebäudes aufgetreten sind. Klar ist: Generalisierende Aussagen lassen sich derzeit weder für Hochhausbrände noch für Ein- und Mehrfamilienhäuser treffen. Wie komplex die exakte Klärung der Ursachen von Bränden ist, zeigt die "Grenfell Tower Inquiry", in der die Details des Londoner Grenfell Tower-Brands untersucht werden. Wie ein Zwischenbericht der Untersuchungskommission aus dem Oktober 2018 zeigt, war ein defekter Kühlschrank die Ursache für den Brand, der sich über die brennbare Wetterschutzbekleidung der Fassade weiter ausgebreitet hat – und nicht etwa die Wärmedämmung, wie kurz nach dem Brand gemutmaßt wurde.
Die Gefahr, in Deutschland durch Brände zu sterben, ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten kontinuierlich zurückgegangen. Seit dem Jahr 1990, in dem 787 Menschen bei Bränden ums Leben kamen, sank die Zahl immer weiter – auf weniger als die Hälfte in 2016 (348). Als häufigste Ursachen hat das Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung (IFS) in Deutschland – ähnlich wie die Finnen in ihrer Studie – die Elektrizität (31 %) und menschliches Fehlverhalten (21 %) ausgemacht (2017).
Wird expandiertes Polystyrol (EPS) starker Hitze ausgesetzt, entzieht es sich anfänglich dem Feuer. Das auf Basis von Erdöl hergestellte und mit dem Flammschutzmittel Polymer-FR versehene Produkt schmilzt zunächst, ehe es später eventuell Feuer fängt. Im Brandschachttest ist gut zu sehen, wie der ein Meter lange und 19 Zentimeter breite EPS-Block sich dem Brandgeschehen entzieht. Wie so ein Test grundsätzlich abläuft, zeigt dieses Video, allerdings am Beispiel einer Spanplatte. Ein Gutachter bestimmt die unverbrannte Restlänge. Im Falle von EPS ist sie ein Kriterium dafür, dass der Schaumstoff in die Brandschutzklasse B1 der schwerentflammbaren Baustoffe gehört.
1. Wenn das Feuer bei einem Raumbrand von innen auf die Fassade überschlägt, kommt es im Sturzbereich des Fensters zu hohen Temperaturen von über 900 Grad Celsius, die das Wärmedämmverbundsystem (WDVS) thermisch beanspruchen.
2. In der zweiten Phase beginnt der Dämmstoff zu schrumpfen und schmelzen, sobald die Schmelztemperatur der EPS-Platten von etwa 100 Grad Celsius überschritten wird. Die chemischen Bindungen des Polystyrols lösen sich. Zuletzt sammelt sich die so genannten Polymerschmelze im Sturzbereich des Fensters an.
3. In der dritten Brandphase bilden sich Pyrolysegase im Inneren des WDVS. Der Druck steigt und der Putz wölbt sich nach Außen, bis er schließlich reißt und die Gase austreten.
4. Erst in der vierten Phase versagt das WDVS, die Putzschicht bricht auf und die Polystyrol-Schmelze entzündet sich.
Um die Brandausbreitung zu verhindern, helfen Präventionsmaßnahmen. Sie tragen dazu bei, den späteren Schaden einzugrenzen:
1. Professionelle handwerkliche Umsetzung: Achten Sie auf die Konstruktion und ihre Details. Die Leistungsfähigkeit des WDVS hängt unmittelbar davon ab, ob der geeignete Werkstoff eingesetzt wird und Systeme handwerklich sauber angebracht sind.
2. Reduzieren der Brandlast: Größere brennbare Gegenstände, wie zum Beispiel Holzstapel oder Sperrmüll, stellen in direkter Nähe von Häusern ein Brandrisiko dar. Geräteschuppen oder Müllcontainer sollten nicht direkt neben dem Haus stehen (Mindestabstand) und/oder "eingehaust", also von einem Gehäuse umgeben sein.
3. Rauchmelder nutzen: Sie dienen dazu, Brände frühzeitig zu erkennen und einen Alarm auszulösen.
4. Schützende Oberfläche einsetzen: Geeigneter Oberflächenschutz (z.B. Putz) schützt Ihr WDVS nicht nur gegen Feuer, sondern auch gegen mechanische Schäden, Schimmel und Schwelbrände.
5. Flammgeschütztes EPS einsetzen: In Deutschland enthalten EPS-Dämmstoffe Flammschutzmittel, wenn sie für Fassadenanwendungen eingesetzt werden. Der Grund dafür liegt unter anderem in den Qualitätsrichtlinien für Bauanwendungen der Bundesfachabteilung Qualitätssicherung EPS Hartschaum (BFA QS EPS). Sowohl die eingesetzten Rohstoffe als auch die Dämmstoffe unterliegen strengen Überwachungen. Flammschutzmittel verhindern bzw. verzögern die Ausbreitung von Bränden. EPS entzieht sich der Flamme, der Kunststoff schmilzt. Das Feuer erlischt in der Regel von selbst, sobald die Zündquelle entfernt wird.
Bei Häusern, deren oberstes begehbares Geschoss in sieben Metern Höhe und darüber beginnt, sind sogenannte Brandriegel vorgeschrieben. Sie bestehen meist aus nicht brennbarer Stein- oder Mineralwolle. Bei mehrstöckigen Gebäuden umschließen die horizontal angebrachten Brandriegel jedes zweite Stockwerk der mit EPS gedämmten Fassade – man kann sie sich als "Schutzgürtel" ums Haus vorstellen. Die Barrieren behindern im Brandfall ein Ausbreiten der Flammen und stellen konstruktive Schutzmaßnahmen dar. Alternativ kann über Fenstern und Türen ein sogenannter "Sturzschutz" aus Mineralwolle ein Ausbreiten von Feuer verhindern.
Die eingesetzten Baumaterialien verbessern sich kontinuierlich. Das betrifft zum einen das EPS, zum andern die Putzsysteme:
Seit Ende der 50er Jahre wurden Dämmsysteme und -materialien erheblich weiterentwickelt: Grafithaltiges graues EPS, das sich mehr und mehr im Markt etabliert, reflektiert die Wärmestrahlung besser, hält die Wärme im Haus und hat daher eine noch höhere Dämmwirkung als das konventionelle weiße Material. Dadurch lassen sich noch dünnere Dämmplatten verwenden. Dies erhöht Wirtschaftlichkeit und Ökoeffizienz. Darüber hinaus hat die Reduktion des Materials um etwa 40% gegenüber weißem EPS den Vorteil, dass bei gleicher Dämmqualität entsprechend weniger Brandlast vorhanden ist.
Auch Putze und Putzsysteme werden in ihren Eigenschaften wie Feuerfestigkeit und Dicke stetig weiterentwickelt. Moderne Putzsysteme leisten schon heute nicht nur einen Beitrag zur Optik eines Gebäudes, sondern schützen zusätzlich vor Algenbefall und bewahren auch bei großen Temperaturunterschieden ihre notwendige Elastizität zum Schutz vor Rissen in der Fassade. Wichtig für einen zuverlässigen Brandschutz ist auch hier, dass Fachhandwerker "im System" bleiben, das heißt, konsequent die optimal aufeinander abgestimmten Materialien eines Wärmedämmverbundsystems – zu dem auch der Putz gehört – miteinander verarbeiten.
Vor dem Hintergrund ihrer Materialeigenschaften und der Verarbeitung von Dämmstoffen in der Fassade ist das öffentliche Bild von EPS-Dämmsystemen schwer nachzuvollziehen: Die meisten Hochhäuser, die in den letzten Jahren außerhalb von Deutschland in Brand gerieten und zu bisweilen emotionaler Berichterstattung in den Medien führten, waren mit Fassadensystemen völlig anderer Art ausgestattet – der bereits erwähnte Grenfell Tower (Juni 2017, London) war beispielsweise mit einer sogenannten vorgehängten hinterlüfteten Fassade (VHF) ausgerüstet. Hier werden dem Gebäude Fassadenelemente vorgehängt, wodurch eine Luftschicht zwischen Fassadenelement und Dämmstoff entsteht. Im Fall des Grenfell Towers (und den meisten anderen Hochhausbränden weltweit) wurde eine nicht zugelassene, brennbare Wetterschutzbekleidung (rain screen) verbaut, die die rasante Brandausbreitung ermöglicht hat. Rückschlüsse auf das Brandverhalten von Wärmedämmverbundsystemen, in denen EPS in Kombination mit einem Putz bündig an der Fassade angebracht ist, sind daher nicht möglich. Die Bundesbauministerkonferenz kommt nach eingehender Prüfung zu dem Ergebnis, "dass entsprechend der Zulassung hergestellte WDVS mit Polystyrol-Dämmstoffen sicher sind".
Hohe geltende Sicherheitsstandards in Deutschland verhindern in der Regel eine Ausbreitung von Flammen.
Ein Brand bricht entweder im Raum aus (Raumbrand-Szenario) oder in unmittelbarer Nähe zum Haus (Sockelbrand-Szenario). Testverfahren nach DIN 4102-20 sowie der "Sockelbrandtest" bestätigen die Sicherheit zugelassener Systeme.
Im Brandfall entzieht sich flammgeschütztes EPS zunächst der Flamme und schmilzt. Nach Entzug der Zündquelle erlischt es von selbst. Der Brandschachttest bestätigt, dass EPS schwer entflammbar ist.
Allgemeine Prävention und EPS-spezifische Maßnahmen sind essentiell, um die Ausbreitung von Feuer zu verlangsamen oder zu unterbrechen.
Graues EPS (mit Grafitanteil) und moderne Putzsysteme verringern die Brandlast und Intensität eines Brandes.
Ein richtig angewendetes und fachmännisch installiertes EPS-WDVS hat keinen negativen Einfluss auf die Entstehung und die Entwicklung von Feuer in einem Gebäude.
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