Heizenergie sparen, Energiekosten senken und den Wert des Hauses erhalten: Das sind nach Umfragen die wichtigsten Motive von Eigentümern, energetisch zu sanieren. Wie Energieberatung und Handwerk das Thema angehen – und wie sich entsprechende Maßnahmen "rechnen".
Das Gebäude, vor dem Ronald Meyer steht, ist aus den 60er Jahren. Damals war der Klimawandel noch nicht auf der politischen Agenda, gab es keine hohen Preise für Heizöl und Diskussionen um Ökobilanzen auf dem Bau. Nach heutigen Maßstäben gilt ein ungedämmtes Wohngebäude dieser Art als Energiefresser. Deshalb wird das Reiheneckhaus in der Nähe von Ansbach in Bayern nun energetisch saniert und auf ein förderungswürdiges KfW-70-Niveau gebracht. Damit wird es künftig etwa 80 Prozent weniger Energie verbrauchen als bisher, und insgesamt 30 Prozent weniger als das "Referenzgebäude", das den Vorgaben des aktuellen Gebäudeenergiegesetzes (GEG) für einen Neubau entspricht.
Auf die Frage, ab wann sich eine energetische Sanierung "rechnet", antwortet der Leipziger Bauingenieur und Geschäftsführer des Bundesverbands Gebäudemodernisierung e.V. so:
Wenn der Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert) der Fassade größer ist als 1,2 Watt pro Quadratmeter und Kelvin, lohnt es sich zu dämmen. Denn der U-Wert lässt sich durch eine übliche Fassadendämmung auf 0,2 senken. Das "Delta" – also die Differenz zwischen dem vorherigen und künftigen Zustand – wäre somit größer als ein Watt pro Quadratmeter und Kelvin.
Nach Meyers Rechnung (siehe Kasten) lässt sich der Energieverbrauch unter Annahme des "Klimafaktors" von 84 Kilo-Kelvin-Stunden, dem gängigen Mittelwert für die Temperaturverhältnisse in Deutschland, um mehr als 80 Prozent reduzieren. Die Fassade eines ungedämmten Hauses, durch die etwa hundert Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr entweichen, wird also künftig nur noch rund 20 Kilowattstunden durchlassen. Bei einem Heizölpreis von 60 Cent pro Liter (entsprechend einem Energiepotenzial von 10 Kilowattstunden) spart der Hausbesitzer dann zwischen 5 und 5,50 Euro pro Quadratmeter im Jahr.
Eine energetische Sanierung kostet Geld. Kommt expandiertes Polystyrol (EPS) zum Einsatz, fallen für die Dämmung der Fassade etwa 100 bis 120 Euro pro Quadratmeter an. Im Falle des Reiheneckhauses wird aufgrund der Förderung der Sanierung für KfW-70-Häuser ein Zuschuss von 35 Prozent gewährt. Damit reduziert sich der Quadratmeterpreis (von einem Ursprungswert von 120 Euro ausgehend) auf 78 Euro. Bei kalkulierten Zinsen von einem Prozent belaufen sich Tilgung und Zinsen auf etwa 4,70 Euro pro Quadratmeter, die für die Finanzierung pro Jahr fällig werden. Diese Kosten werden durch geringere Heizkosten jedoch wieder kompensiert: Auf die Fläche der Fassade hochgerechnet, etwa 150 Quadratmeter, lässt sich sogar ein Gewinn von über 50 Euro pro Jahr erwirtschaften. "Es rechnet sich von der ersten Minute an, mit EPS zu dämmen", resümiert Meyer. Nach 20 Jahren ist die Tilgung vollständig geleistet und der Gewinn fällt dann entsprechend noch höher aus.
Die Dämmung ist zwar der wichtigste, aber dennoch nur ein Aspekt der energetischen Sanierung. Dämmung von Dach und Fassade, Fenster und die Heizung müssen nach Maler- und Lackierermeister Ralf Wichels zusammen betrachtet werden: "Das Zusammenspiel bringt den Mehrwert", sagt der Geschäftsführer der P.S.B. Wichels GmbH, einem 30-Mann-Unternehmen in Hamburg. Er rät dazu, "von Gebäude zu Gebäude neu zu berechnen, welche Einsparungen sich ergeben." Zu individuell ist die Bauweise, zu individuell auch die Herausforderungen. So stellte sich bei der Begehung eines Gebäudes kürzlich heraus, dass der Giebel feucht und kalt war. Also wurde hier als Erstes angesetzt und durch eine Dämmung des Dachstuhls sanken die Heizkosten bereits um 20 Prozent. "Durch das Zusammenspiel von Dämmung, Heizung, Fenstern und Solaranlage sind bis zu 80 Prozent Heizkostenersparnis zu erreichen", sagt Wichels.
Vor Ort haben die Spezialisten zudem genug technische Möglichkeiten, um herauszufinden, welche Maßnahmen ergriffen werden sollten. Experten sind etwa mit Hilfe einer Wärmebildkamera in der Lage, Wärmebrücken zu finden und die größten Probleme im Haus zu lokalisieren. Die Entscheidung darüber, wie im Einzelfall vorgegangen wird, trifft Wichels immer zusammen mit einem Energieberater und/oder einem Architekten. Über einen Blower-Door-Test lässt sich nach der Sanierung dann feststellen, ob die Gebäudehülle dicht ist.
Inzwischen liegt der Zenit der Hysterie hinsichtlich der vermeintlichen Brandgefahr von EPS in der Vergangenheit. Seit einem Jahr – so schätzt Wichels – sei das Verhältnis zwischen EPS und Mineralwolle wieder in etwa ausgeglichen. Seine Kollegen schätzen den Umgang mit EPS, das sie mit einem Heißdraht zuschneiden. Denn eine Styroporplatte ist nicht nur leichter als Mineralwolle. Sie lässt sich auch einfacher verarbeiten. Ein Quadratmeter WDVS mit Styropor ist in der Regel bereits in etwa einer Stunde montiert, während sich eine Mineralwollplatte schwerer schneiden lässt, der Klebeauftrag höher ist und für die Armierungsschicht zwischengespachtelt werden muss. Das dauert nach Wichels Erfahrung etwa zehn bis fünfzehn Minuten länger, was auch mit dazu führt, dass die Anbringung von Mineralwolle etwas teurer ist, "etwa zwanzig Prozent", schätzt der Hamburger Handwerksmeister. Wobei die Preise sowohl für EPS als auch für Mineralwolle und nachwachsende Rohstoffe wie Hanf oder Zellulose auf dem Markt stark variieren.
Bei dem Reiheneckhaus beim bayerischen Ansbach ist inzwischen 16 Zentimeter dickes graues EPS an der Fassade angebracht. Bei einer Wärmeleitfähigkeit von 0,032 Watt pro Meter und Kelvin erreicht die Dämmung einen U-Wert von 0,18 und auch das Dach ist gedämmt (bei einem U-Wert von 0,16). Die 3-fach-verglasten Fenster sind mit einem U-Wert von 0,88 berechnet. Unterstützt von einer Luft-Wasser-Wärmepumpe erfüllt das Reiheneckhaus nun die Voraussetzungen für ein KfW Effizienzhaus 70. Statt 170 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr werden künftig nur noch 50 Kilowattstunden anfallen.
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