Nach dem Umweltpreis ist vor dem Green Deal: Im Entwurf des Green Deals der EU ist für die Renovierungsquote im Bestand (mindestens) eine Verdopplung vorgesehen und die Kreislaufwirtschaft soll einen besonderen Fokus bekommen. Das wäre durchaus im Sinne der Professorin der Hochschule München und wissenschaftliche Beirätin des FSDE Natalie Eßig. Denn das Thema der B.A.U.M.-Umweltpreisträgerin von 2019 ist nachhaltiges Bauen und Ressourceneffizienz. Ihre Forderung an die EU ist, die Nachhaltigkeitsbetrachtung im Gebäudesektor als verpflichtendes Werkzeug zu etablieren.
Sollte dem so sein, dass der Green Deal der EU in dieser Form wirklich kommt, wäre das ein sehr gutes Signal, weil es zeigt: Es wird mehr Wert auf bestehende Gebäude gelegt und mit einer neuen Bauprodukteverordnung die Kreislaufwirtschaft berücksichtigt – was dringend erforderlich ist.
EPS besteht zu einem Großteil – bis zu 98 % – aus Luft und etwa 2 % Polystyrol. Praxisbewährte Recyclingmethoden tragen dazu bei, dass rückgebautes EPS wieder dem Produktkreis zugeführt und der Ressourcenverbrauch so nachhaltig reduziert werden kann. Inzwischen ist es zudem möglich, die bei der Herstellung benötigten fossilen Rohstoffe durch nachhaltige zu ersetzen und die natürlichen Ressourcen so noch weiter zu schonen.
Das Recycling von sortenreinen EPS-Dämmstoffen aus Produktionsabfällen oder Restmaterial der Montage vor Ort funktioniert seit vielen Jahren nach bewährten Verfahren. Dieses EPS wird über ein freiwilliges Rücknahmesystem der IVH-Mitglieder gesammelt und wieder dem Produktionszyklus zugeführt oder in gemahlener Form als Leichtzuschlag für Mörtel, Putz oder Beton verwendet.
Die PS-Loop Initiative arbeitet daran, den Kreislauf von EPS weiter zu schließen. Durch ein Lösemittelverfahren wird altes EPS, das beispielsweise noch das nicht mehr verwendete Flammschutzmittel HBCD enthält, in seine Bestandteile aufgelöst. So kann das reine Polystyrol rückgewonnen und neu verarbeitet werden.
Oft sind die Eigentumsverhältnisse in Mehrfamilienhäusern so komplex, dass Sanierungen nicht durchgeführt werden können. Zudem ist die Sanierung von Bestandsgebäuden gesellschaftlich nicht unbedingt gewollt. Beispielsweise entsprechen die Raum- und Fenstergrößen von Gebäuden etwa aus den 50er Jahren nicht den Vorstellungen der Bauherren. Es ist ein falsches Signal, wenn Bestandsgebäude abgerissen werden, um dort neu zu bauen. Immer wichtiger hingegen werden der Rückbau von Materialien und ein ressourcenschonender Kreislauf. Stoffkreisläufe müssen künftig immer weiter geschlossen werden: Bauherren erwarten immer häufiger, dass ihr Gebäude nachhaltig ist. Es sieht so aus, als ob der Green Deal die Nachhaltigkeit stärken könnte. Das wäre ein wichtiger Schritt.
Eine Nachhaltigkeitszertifizierung hilft dem Bauherrn von Anfang an, sein Gebäude zukunftsfähig zu planen, zu bauen und zu betreiben. Sie gewährleistet ein gutes, gesundes, wirtschaftliches und umweltfreundliches Haus. Wichtig ist auch, dass es eine komplette Gebäudedokumentation gibt, aus der ersichtlich wird, welche Baustoffe eingesetzt wurden und wie gesundheits- und umweltverträglich die verwendeten Produkte sind. Am Lehrstuhl für Bauphysik der TU München und am Fraunhofer Institut für Bauphysik hatte ich die Möglichkeit, das Deutsche Gütesiegel Nachhaltiges Bauen (DGNB) mitzuentwickeln. Daraus entstanden sind das DGNB- und das BNB-Zertifizierungssystem – das eine speziell für Gebäude der privaten Wirtschaft, das andere für Gebäude des Bundes. Auf Basis des BNB Gütesiegels ist übrigens das BNK Zertifizierungssystem für Wohngebäude von der BiRN GmbH (Bau-Institut für Ressourceneffizientes und Nachhaltiges Bauen) entstanden, das auch vom Bauministerium (BMI) anerkannt ist.
Wir haben es geschafft, aus einem Forschungsprojekt zunächst ein Start-up zu machen und dann als erste Zertifizierungsstelle für Kleinwohnungsbauten vom Bauministerium zugelassen zu werden. Dafür haben wir über zwei Jahre lang nicht im stillen Kämmerlein, sondern eng mit der Bauindustrie und dem Bauministerium zusammengearbeitet, bis wir schließlich die Bewertungskriterien des BNB-Gütesiegels noch einmal vereinfachen und an den Wohnungsbau anpassen konnten.
Gerade vor dem Hintergrund der Klimaziele ist es notwendig, zu dämmen. Denn die Dämmung bietet die Voraussetzung dafür, Energie einzusparen. In der Praxis gibt es dennoch Unterschiede: So sind etwa Bauträger, die große Gebäudekomplexe bauen oder sanieren, längst vom Dämmen überzeugt – nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen. Sie orientieren sich in der Regel am KfW 55-Standard und sind damit effizienter, als die Energieeinsparverordnung (EnEV) einfordert (Anm. d. Redaktion: Die EnEV wurde ohne Verschärfung durch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) abgelöst.). Im Bereich der Einfamilienhäuser sieht das anders aus. Hier ist das Bewusstsein für das Dämmen noch nicht da.
Das Dämmmaterial EPS wird derzeit recht häufig verbaut, denn im Handwerk gilt es als flexibel einsetzbar, beständig und vergleichsweise günstig. Gerade in großen Gebäudekomplexen kommt es oft zum Einsatz und wird von vielen Wohnungsgesellschaften als Dämmmaterial ausgewählt. Umso notwendiger ist es, dass die Kreislaufwirtschaft bei EPS eine wichtige Rolle spielt. Sehr fortschrittlich ist, dass es bereits ein Verfahren gibt, mit dem EPS werkstofflich verwertet und aus wiedergewonnenem Polystyrol neuwertige EPS-Dämmplatten produziert werden können. Es wird jedoch noch nötig sein, dass die bestehenden Konzepte weiter ausgearbeitet werden, um Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) sauber zu trennen. Das betrifft allerdings auch Systeme, in denen andere Dämmstoffe zum Einsatz kommen. Klar ist: Je sortenreiner die Schichten voneinander getrennt werden können, umso nachhaltiger sind die Produkte letztlich.
Hinsichtlich der Wärmeleitfähigkeit gibt es eher geringe Unterschiede zwischen den verfügbaren Dämmstoffen. Aufgrund seiner Wiederverwertbarkeit ist EPS bereits auf einem sehr guten Weg, den Anforderungen an die Kreislaufwirtschaft, die ja auch der Green Deal auf EU-Ebene fördern will, gerecht zu werden.
Der Bundesdeutsche Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management (B.A.U.M.) e.V. zeichnet seit 1993 jedes Jahr ganz bewusst engagierte Einzelpersonen und nicht Organisationen aus. Vor allem die Arbeit der "Macher" in Unternehmen und Institutionen steht im Mittelpunkt – und damit die Arbeit derer, die das Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement verantworten und operativ umsetzen. Außerdem werden Journalisten und Wissenschaftler geehrt, die sich durch ihre Publikationen bzw. ihre Forschung um Umweltschutz und Nachhaltigkeit verdient gemacht haben. Der Schwerpunkt liegt hier besonders auf der Aufbereitung von Nachhaltigkeitsthemen für die Öffentlichkeit, auf Aufklärung und Bewusstseinsbildung. Zu den Preisträgern von 2019 gehören unter anderem Ex-Bundespräsident Horst Köhler, der CEO der Grohe AG Thomas Fuhr und die Geschäftsführerin der Andechser Molkerei Barbara Scheitz.
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